Hodgepodge Vol. II
INGA LÜHNING & ANDRÉ NENDZA - Mischmasch als Konzept
Von Verena Düren
Vier Jahre ist es inzwischen her, dass sich die Sängerin Inga Lühning und der
Bassist André Nendza zusammengetan haben. Seitdem sammeln sie Lieblingslieder
querbeet, die sie auf den Platten Hodgepodge I und II eingespielt haben.Letztere
ist gerade erschienen.
Es ist ein denkwürdiger Tag, an dem wir unsere Videokonferenz machen: der 2.
November 2020, Tag 1 des. Lockdown light", der wieder einmal die Kulturszene
unverhältnismäßig hart trifft - und das ohne nachgewiesene Corona-Infektionen bei
Kulturveranstaltungen mit abgesegnetem Hygiene Konzept. Inga Lühning und
André Nendza sind dennoch recht guter Dinge und sich in einem einig: ,,Die
Situation jetzt zeigt auch, dass wir uns besser organisieren müssen. Wir brauchen
eine Lobby, um für die Kultur zu kämpfen."
Doch schnell gehen wir zu schöneren Themen über wie dem zweiten gemeinsamen
Album mit dem Titel Hodge podge Vol. II. Und tatsächlich ist der musikalische
Mischmasch“ so vielseitig wie der Werdegang der beiden Schöpfer: Lühning hat in
Arnheim Gesang studiert und ließ sich schon dort in keine Schublade stecken: ,,Ich
habe mich schon immer sehr für Leute interessiert, die stilistisch nicht richtig
einzuordnen waren." Als Beispiele nennt sie Cassandra Wilson und Joni Mitchell.
Ihre erste Band, Lühning, entstand bereits während des Studiums. Als sie Christina
Lux bei den Vocaleros vertrat, zog es sie nach Köln. Sie war viel(seitig) unterwegs,
u.a. als Background-Sängerin bei den Fantastischen Vier. Nach dem Ende der
eigenen Band schrieb sie weiter Songs, aber eher im stillen Kämmerlein. Als sie
dann ihre Kinder bekam, verlagerte sich der Schwerpunkt aufs Unterrichten. 2016
kam dann der Anruf von Nendza, der sich als großes Glück heraus stellen sollte.
,,Ich fand Inga immer schon grandios und wollte nach mehreren größer besetzten
Projekten gerne wieder etwas mit kleiner Besetzung machen", erzählt Nendza. Der
Bassist, der in seiner Jugend eher Pop und Funk zugetan war, ist eher zufällig zu
seinem Instrument gekommen: ,,Ich hatte in meiner Band einfach die größten
Hände", erzählt er lachend. Irgendwann war er so gut, dass er an einem Jazz-
Workshop in der Akademie Remscheid teil nahm. Dies sollte ein Meilenstein für ihn
werden - und zwar in mehrfacher Hinsicht: Zum einen begann er erst nach diesem
Erlebnis, konsequent auf sein Ziel hinzuarbeiten und zu üben, und zum anderen
leitet er heute selber diesen Workshop. Der Wunsch, eigene Ideen umzusetzen,
zieht sich seitdem durch seine künstlerische Arbeit. Für sein klein besetztes Projekt
stand Inga Lühning auf Platz 1 der Wunschliste und sagte zu. „Für mich war das
zuerst auch aufregend, denn André ist ja vom Spielen her schon 'ne Bank", erzählt
Lühning. „Und ich hatte vorher eine ganze Weile in erster Linie unterrichtet. Aber
wir sind ganz ohne Druck an die Sache herangegangen, und so konnte ich auch
zusagen." Einen gesunden Respekt hatte sie vor der spartanischen Besetzung, die
zur Folge hatte, dass sie sich als Sängerin nicht verstecken konnte.
Ohne Erwartungshaltungen gingen sie in die Zusammenarbeit und probierten von
Anfang an viel aus, erspielten sich alles - ohne Konzept. ,,Inga hat ein enormes
Klang bewusstsein und daher schon sehr früh viele Kleinigkeiten wie Geräusche
eingebaut. Wir wollten eine möglichst große Bandbreite bieten und maximale
Abwechslung für die Hörer und uns." Die meisten der Songs, die auf den
gemeinsamen Platten zu finden sind, hatte das Duo bereits live getestet.
Irgendwann war so genügend Material für gleich zwei Platten vorhanden, so dass
bereits bei der Produktion der ersten feststand, dass es eine zweite geben würde.
Eckpfeiler bei der Auswahl waren unter anderem die Songs der Kindheit von
Michael Jackson bis hin zu Degenhardt. „Die Stücke haben sich ganz organisch
ergeben, teils auch einfach durch Gelegenheiten. So hat sich beispielsweise eine
Freundin von mir für ihre Hochzeit den BAP-Song, Do kanns zaubere gewünscht.
Und er hat mir so gefallen, dass er nun auf der Platte zu finden ist", so Lühning.
Die Stücke seien quasi zu ihnen gekommen, so berichten die beiden. Die meisten
der Songs seien von Sangeswesen', grandiosen Stimmen mit Charakter, die aber
nicht immer die besten Sänger waren.
Ergänzt wird Hodgepodge Vol. Il um Eigenkompositionen von Lühning und Nendza,
die teils sehr persönliche Geschichten erzählen. So ist Nendzas. Actually, Actually“
ein Liebeslied an seine Frau, während er in „Until" den Tod seines Onkels
verarbeitet, der Impulsgeber in Sachen Musik für ihn war. Lühnings ,,Wie im
Märchen am Ende" ist ein kleiner Nachklang ihrer Zeit bei den Fantastischen Vier,
das bereits 2009 entstandene .In deinem Licht" war ursprünglich für eine
Soloplatte gedacht, zu der es dann aber nicht mehr kam. ,,Healing Song" ist
geprägt von den Weltgeschehnissen der letzten Zeit: ,,Der Titel mag ein wenig naiv
wirken, aber ich höre beim Autofahren immer Radio, und es gab einen Moment, in
dem ich die Nachrichten aus stellen musste und mir Musik gewünscht habe, die die
Dinge besser machen, heilen kann. Es ist ein Song gegen die Ohnmacht - und
wenn es nur ein Impuls ist." Aber die Idee, dass Lühning und Nendza mit ihrem
Hodgepodge Vol. II die Welt etwas freundlicher machen, ist gar nicht so abwegig.
Aktuelles Album:
Inga Lühning & André Nendza: Hodgepodge Vol. II
(Jazzsick Records / Membran)
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