On Canvas I
André Nendza On Canvas / Jazzsick/ Membran
JAZZTHETIK 05/06-2021
Kolumne
SCHAAL GANZ OHR
Zwei Bläser mit Begleittrio, swingende Rhythmen, Chorusformen, bewährte
Changes... Der Bassist André Nendza hat überraschenderweise ein echtes „Jazz-
Jazz“-Album initiiert, ein kleines Wohlfühlgeschenk für flexible Jazz-Nostalgiker.
Ende 2018 überkam ihn die Inspiration dafür, erzählt er, und es entstanden zehn
Stücke, deren Titel alle schon den harmonischen oder ideellen Bezug zum
jeweiligen jazzhistorischen Vorbild verraten. In „The Wayner“ steckt der
Saxofonist Wayne Shorter, in „Ecila“ Charlie Parkers „Blues For Alice", in ,The
Day Before“ der Standard „Yesterdays", in „Placontemption“ McCoy Tyners Stück
„Contemplation“, in „Moons And Birds“ der Standard „How High the Moon“, und
so weiter. Nendzas Kompositionen sind allesamt hörenswert und eine echte
Konkurrenz für die Jazzklassiker, von denen sie inspiriert wurden. Die
unwahrscheinliche Frontline der Band bilden Angelika Niescier mit recht
bissigem Altsaxofon und Matthias Bergmann am weichen Flügelhorn - eine
spannend kontrastierende Kombi. Swingmaster Martin Sasse (p), André Nendza
(b) und Niklas Walter (dr) stellen die kompetent swingende Rhythm-Section.
Ausgelöst wurde das Projekt von alten Jazzplatten aus der Zeit um 1960: „Auf
diesen Alben konnten damalige Avantgardisten scheinbar mühelos mit
Altmeistern zusammenspielen“, erläutert Nendza. Genau diese Grenzgänger-
Stilistik zwischen „Old Thing" und „New Thing“ versucht sein Kölner Quintett
wiederzubeleben. Es wurde ein großer Spaß - nicht nur für den Jazzhistory-
Freak.
Hans-Jürgen Schaal
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